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Test: Gretsch G5220 Electromatic Jet BT
(Bild: Petia Chtarkova)
Das preiswerte Single-Cut-Modell G5220 Electromatic aus der Jet-Familie versprüht authentisches Rock’n’Roll-Flair, keine Frage. Mit gehöhltem Body aus Mahagoni plus Ahorndecke und den neuen Black Top Broad’Tron Pickups will diese Gitarre aber durchaus mehr sein, als nur ein Echo aus der Vergangenheit.
Auf den ersten Blick siedelt dieses Electromatic-Modell in Sachen Form und Optik nicht allzu weit weg von jenen Jets der 50er-Jahre, die wir etwa aus den Händen eines George Harrison oder Jeff Beck kennen, aber mindestens die moderne Adjusto-Matic-Bridge und das V-Stoptail sind dann natürlich leicht erkennbare Details einer aktuellen Auslegung. Neben Dark Cherry Metallic ist das vorliegende Jet-Modell auch noch in den Farben Black oder Casino Gold zu haben.
Traditioneller Look – moderate Erneuerung
Die G5220 Electromatic Jet tritt mit einem großzügig ausgehöhlten Korpus von 4,5 cm Stärke am Halsansatz aus Mahagoni mit leicht gewölbter Decke aus laminiertem Ahorn an. Weiße Body Bindings mit Black/White Purflings betonen die Jet Body-Form.
Der in Höhe des 16. Bundes eingeleimte Hals aus Mahagoni mit eingebundenem Griffbrett aus Walnuss (Black Walnut) mit 12“ Radius verfügt über ein sogenanntes Thin-„U“-Halsprofil, das nicht wirklich dünn ist, sondern dem „U“ gemäß noch ausreichend Fleisch mitbekam. 22 Medium-Jumbo-Bünde zeigen achtbare Verarbeitung mit kantenrunder Abfasung; Pearloid-Big-Block-Inlays kennzeichnen die Lagen.
Der obere Teil der in leichtem Winkel herausgeführten, Jet-typisch schlanken Kopfplatte wurde angesetzt, die Front mit einem eingebundenen schwarzen Furnier (plain-face head cap) belegt.
Gekapselte Mechaniken mit kleinen Griffen sorgen für verlässliche Stimmung und den Vintage gerechten Look. Die Saiten der Jet schwingen mit einer Mensurlänge von 62,5 cm zwischen dem Sattel aus Kunststoff und der Adjusto-Matic-Bridge mit V-Stoptail.
Die Elektrik: Black Top Broad’Tron Pickups werden durch individuelle Pickup Volume-Controls, sowie Master-Tone und Master-Volume mit Treble Bleed Circuit verwaltet.
Der 3-Position Toggle schaltet konventionell:
- Position 1. Bridge Pickup
- Position 2. Bridge und Neck Pickups
- Position 3. Neck Pickup
Ein Blick ins Elektrofach zeigt schlichte saubere Verarbeitung und lässt überraschend Zweifel an der vorgeblichen Laminierung der Ahorndecke aufkommen. Im Anschnitt sieht das eher massiv aus, was kein Schaden wäre.
Das Instrument ist in Summe achtbar gut verarbeitet, die Decke in ansprechendem Dark Cherry Metallic lackiert. Das tropfenförmige Silver Plexi Pickguard und die bekannt großen Schraub-Pins für den Gurt komplettieren die Ausstattung.
Handhabung modern – Klangausrichtung Mainstream
Mit angenehmem Gewicht von 3,5 kg fügt die G5220 Electromatic Jet sich dank guter Verrundung der Korpuskanten trotz fehlender Konturen am Boden bestens an ihren Herrn und Meister und richtet sich sitzend wie stehend gespielt zweckmäßig aus.
Der Hals fällt mit toll gerundetem, mittelstarkem Profil absolut komfortabel in die Hand und bietet mit fluffig gestaltetem Hals-/Korpusübergang und flach eingerichteter Saitenlage optimale Spielbedingungen.
Der Basisklang der Electromatic Jet ist von leicht metallischen Anteilen in der Tonfarbe, aber auch von offener Schwingintensität und knochentrockener Basstonentfaltung mit guter Saitentrennung gekennzeichnet.
Die Black Top Broad’Tron Pickups sehen zwar aus wie Black Top Filtertron Pickups, sind aber mit deren Klangauslegung nicht zu verwechseln. Gretsch sucht hier nach einem Kompromiss, der den mittensatten PAF-style Humbucker mit dem höhenreichen, aber ungemein charakteristischen Gretsch-Sound kombinieren soll – ‚ the best of both worlds’ sozusagen.
Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Der Klang tendiert etwas mehr in Richtung Mainstream, ohne aber den bekannten Jingle-Jangel-Glanz gänzlich aus dem Auge zu verlieren.
Der Broad’Tron am Hals eröffnet bei klar eingestelltem Verstärker mit einem trockenen, gut aufgelösten Akkordklang, der ordentlich Draht zeigt. Dennoch ist das Klangambiente volltönend und mit offener Höhendarstellung gut gerundet.
Gehen wir in den Overdrive, so überrascht die Jet über diesen Pickup mit unerwartet angenehmem Growl. Die Umsetzung von Powerchords geschieht kompakt und griffig, gehaltene Noten zeigen ebenmäßigen Tonverlauf und strecken sich mit kraftvoller Obertonfarbe im achtbaren Sustain lang aus.
Die Ansprache ist gut, das Attack-Verhalten markant und ein nettes Schnalzen stellt den Anschlag perkussiv heraus, was schnell gespielten Linien beste Kontur verleiht.
Schalten wir mit Verstärkereinstellung Clean auf den Broad’Tron in der Stegposition, so setzt der den schon akustisch recht quecksilbrigen Sound mit viel Spritzigkeit elektrisch um, schlank und präzise in den trocken artikulierenden Bässen, bissig in den zupackenden Höhen – funky, funky.
Im Zerrmodus kommt die Jet über ihren Steg-Pickup dann mit einem verblüffend präsenten Ton zum Zuge, der von schnell aufsteigenden harmonischen Obertönen eskortiert wird. Das schiebt an und provoziert geradezu vokale oder violinartige Artikulationen.
Wiederum ist die staubtrockene Darstellung der Bässe und Tiefmitten zu loben. Das damit einhergehende pointierte Attack-Verhalten hebt überdies alle Aktionen perkussiv hervor.
Ob nun High-Gain-Comping oder satte Power Leads: griffige Strukturen sorgen für Prägnanz und Durchsetzungsfreude. Das alles hat jedenfalls deutlich mehr Fett, als wir das von Gretsch in der Regel gewöhnt sind. Dazu ist die Saite leicht reizbar und gibt den Ton spontan frei.
Das alles gibt dem Spieler ohne Frage ein scharfes Schwert in die Hand. Gute Argumente also, um sich im Band-Kontext durchzusetzen.
Die Zusammenschaltung beider Broad’Trons bringt erwartungsgemäß etwas mehr Kehligkeit ins Klanggefüge, fächert Akkorde perlend auf, was wiederum stärker an den guten alten Gretsch- Glockenton erinnert. Die Kombi der Pickups macht mit ihrem hohlwangigen Spaltton dann aber auch noch eine gute Figur im Crunch und Overdrive.
Noch zwei Bemerkungen zur Regelmimik:
der Regler für den Steg-Pickup ist hinten außen positioniert – Violining (Einblenden) mit dem kleinen Finger ist also nur bedingt ins Werk zu setzen. Der andere Punkt ist die etwas merkwürdige Funktion des generellen Volume-Reglers vorn unten.
Der lässt nur voll aufgedreht die ganze Höhenpracht durch. Bei Abregelung wird der Ton eher bedämpft und zwar sofort und dann auf langem, funktionsarmem Weg, bis er ganz am Ende schnell und komplett dichtmacht. Nun – eigenartige Reglerfunktionen sind bei Gretsch ja nichts Neues.
Resümee
Die Gretsch G5220 Electromatic Jet ist ein überraschend starkes Instrument für seine Preisklasse. Die gut verarbeitete Gitarre bietet nicht nur beste Handhabung, sondern überzeugt auch klanglich mit den neuen Broad’Tron-Pickups, welche den bekannt höhenreichen Gretsch-Ton mit etwas mehr Bass- und Tiefmittenpräsenz ausstatten, was zu erstaunlich griffigen, auch wärmeren, aber fraglos charaktervollen Sounds führt.
Ohne Zweifel versucht die Firma sich mit diesem Jet-Modell von ihrem überkommenen Country/Rockabilly-Image zu lösen, um sich mehr in Richtung Rock und Mainstream zu öffnen. Die Umsetzung ist jedenfalls trefflich gelungen, eine größere Bandbreite an stilistischem Ausdrucksvermögen macht diese Gitarre zu einem gut klingenden und universell einsetzbaren Werkzeug.
Da auch über ihre Spieleigenschaften nur Gutes zu berichten ist, kann die Electromatic Jet am Ende sogar Anspruch auf eine echte Empfehlung sogar über ihre Preiskategorie hinaus für sich erheben – ausprobieren!
PLUS
- klassisches Design
- Sustain
- Broad’Tron-Pickups
- kraftvolle Sounds
- Halsprofil, Bundierung
- komfortable Handhabung
- gute Verarbeitung
MINUS
- Funktion Master-Volume
(erschienen in Gitarre & Bass 11/2018)
Schlagwörter: E-Gitarre, Gitarren Test, Gretsch, TESTS
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